,

Sjáumst, Sverre!

Sverre Jakobsson hat den Handball-Zweitligisten TV Großwallstadt verlassen. Sein Vertrag wurde nicht verlängert und nach fünf Jahren geht es für den Abwehrchef der Unterfranken Richtung Island. Der 37-jährige Kreisläufer kam 2009 nach Großwallstadt. Zuvor spielte der isländische Nationalspieler schon einmal in der stärksten Liga der Welt. Von 2006 bis 2008 trug er das Trikot des VfL Gummersbach. Bevor Sverre seine letzten Tage in Großwallstadt genoss, beantwortete er uns einige Fragen, auch die nach der Teilnahme seines Landes an der WM 2015 in Katar. Er war sich so sicher, dass Island dabei ist und eine Medaille holen wird. Doch leider scheiterten sie an Bosnien-Herzegowina (32:33/29:29), die sich über ihre erste WM-Teilnahme freuen dürfen.

Sverre, nach fünf Jahren heißt es nun Abschied nehmen. Wie schwer fällt Dir der Abschied aus Großwallstadt?

Der Abschied fällt mir sehr sehr schwer. Es war eine super Zeit hier in Großwallstadt und ich habe viele nette Leute kennen gelernt. Nicht nur auf dem Spielfeld. Auch außerhalb des Sports haben sich in all der Zeit sehr viele Freundschaften entwickelt. Für mich fängt nun ein neuer Lebensabschnitt an, denn meine Profikarriere geht zu Ende. Mein Beruf war ja auch immer mein Hobby. Das ist nun nicht mehr so. Und weg von Deutschland zu gehen, ist ein ganz komisches Gefühl.

Aber nicht nur Du, sondern auch Deine komplette Familie hat sich am Untermain sehr wohl gefühlt.

Ja, das stimmt. Ich denke, dass auch meine Kinder Großwallstadt sehr vermissen werden. Sie realisieren das im Moment noch nicht so, schwanken mit ihren Gefühlen hin und her. Einerseits ist hier Deutschland, andererseits wartet Island. Es geht ihnen wie mir. Sie haben gemischte Gefühle. Wir hatten wirklich eine super Zeit hier.

Wenn Du die Jahre Revue passieren lässt. Was war Dein schönstes Erlebnis?

Die ersten Jahre hier waren überragend. Vor allem in meiner ersten Saison haben wir, glaube ich, 40 Punkte geholt. Das war perfekt. Das Team, die Moral, die Einstellung – alles hat gepasst. Und wir wollten mehr, hatten große Ziele. Dann kam der Europapokal und wir haben alle gedacht, dass es so weiter gehen würde. Aber es war nicht so. Die letzte Saison war ein riesiger Schock für uns alle. Es war mental so hart, so grausam. Ich kann es nicht beschreiben, wie schlimm der Abstieg für mich persönlich war. Trotzdem haben wir zusammen gehalten, sind zum Glück wieder auf die Füße gekommen und haben weiter gekämpft. Aber die Frage war ja nach meinem schönsten Erlebnis  🙂 Wie gesagt, die ersten Jahre waren sportlich toll. Aber auch privat hat alles, bis zum Schluss, gepasst. Wir haben so tolle Nachbarn, haben tolle Leute in der Schule, im Kindergarten, beim Einkaufen kennen gelernt. Das wird meine größte Erinnerung bleiben.

Dein letztes Spiel im TVG-Trikot ist schon einige Zeit vorbei. Wie geht es jetzt weiter?

Wir haben schon angefangen, Umzugskartons zu packen. Zuvor war ich mit der Nationalmannschaft unterwegs. Wir hatten  am 8. und 15. Juni zwei WM-Qualifikationsspiele gegen Bosnien-Herzegowina, die wir ja leider beide verloren. Ich habe mit meiner Familie ein bisschen Urlaub gemacht, haben hier in der Region ein paar Freunde und Städte besucht. Dann geht es mit Packen weiter, denn Ende Juli kommt der Container und es geht Richtung Island.

Bleiben wir kurz bei der Nationalmannschaft.  Du warst Dir so sicher, dass Ihr die Quali für die WM schafft. Und jetzt?

Ich war mir so sicher, dass wir das schaffen werden und ich hoffte,  dass wir besser abschneiden als zuletzt bei der EM in Dänemark. Damals wurden wir Fünfter. Für mich war es die letzte Möglichkeit auf eine Medaille, denn spätestens im Januar werde ich aufhören.

Warum?

🙂  naja, ich kann ja nicht ewig spielen. Alles hat seine Zeit!

Was für eine neue Herausforderung wartet in Island auf Dich?

Ich werde Spielertrainer beim KA Akureyri in der ersten Liga werden. Zunächst einmal für ein Jahr. Danach soll ich den Trainerposten übernehmen. Derzeit sind wir zu zweit, teilen uns die Aufgabe, denn als Spielertrainer kann ich nicht alles alleine übernehmen.

Freust Du Dich auf die Aufgabe?

Ja klar. Wir haben eine sehr junge Mannschaft und ich werde der Opa im Team sein 🙂  Ich will mir aber auch eine Stelle in einem Wirtschaftsunternehmen suchen. Das habe ich schließlich studiert (Magister der internationalen Wirtschaftswissenschaften, Anm. d. Red.). In Island kannst du nicht nur als Trainer arbeiten. Das reicht nicht. Ich hatte die Chance, mir in Deutschland eine Karriere als Co-Trainer aufzubauen – sogar in der ersten Liga. Doch ich musste abwägen, ob ich mir hier noch einmal eine Karriere aufbauen oder nach Island gehen und auf Dauer in der Sparte arbeiten will, die ich studiert habe. Die Entscheidung war nicht leicht.

Und trotzdem hast Du Dich für Dein Heimatland entschieden.

Meine Familie lebt dort, die Familie meiner Frau ebenfalls und meine Landsleute haben mir sehr viel sehr leicht gemacht. Ich bin vor 16 Jahren von Akureyri weggezogen und jetzt komme ich wieder zurück. Natürlich hätte ich mir erst noch einmal etwas in Deutschland aufbauen und dann zurück gehen können. Aber ich denke, vom Timing war es gut so, wie es jetzt ist. Trotzdem ist es ein komisches Gefühl.

 

Wir wünschen Sverre auf seinem weiteren Lebensweg alles Gute und hoffen, dass er uns in guter Erinnerung behalten wird.

 

Die tollen Bilder hat uns freundlicherweise Klaus Roos zur Verfügung gestellt. Dafür vielen Dank!