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Handball: …wäre ich ein Mann, wäre ich jetzt deutscher Meister…

Liebe Leserinnen, liebe Leser.

Aufgrund der Corona-Virus-Pandemie wurde die Saison 2019/20 in der Handball-Bundesliga der Frauen bereits am 18. März abgebrochen. Vor einigen Tagen teilte nun die HBF mit, dass für diese Saison kein Meistertitel vergeben wird. Damit dürfen sich die Handballerinnen von Borussia Dortmund als Tabellenerster (Stand 18. März) und einem Punkt Vorsprung auf den Zweiten SG BBM Bietigheim nicht über den Meistertitel freuen. 

Die HBF begründete die Entscheidung damit, dass zum Zeitpunkt des Abbruchs noch fast ein Drittel der Saison zu spielen war und das direkte Duell zwischen dem Tabellenzweiten SG BBM Bietigheim und dem Tabellenführer Borussia Dortmund ausstand. 

Diese Entscheidung sorgte nicht nur bei der Mannschaft, sondern auch bei den Verantwortlichen in Dortmund für Fassungslosigkeit.

HBF-Chef Andreas Thiel verteidigte die Entscheidung und sagte (Quelle Süddeutsche Zeitung):  “Die Eishockey- und die Volleyball-Bundesliga oder internationale Ligen wie in Schweden oder auf dem Baltikum haben sich auch dagegen entschieden, einen Meister zu proklamieren. Wir haben uns als kleine Schwester der großen Ligen an die Vorgaben des Verbands gehalten. Ich habe da nirgendwo gelesen, dass ich einen Meister benennen muss.”

Nur, dass es im Eishockey und im Volleyball Playoffs gibt, dies also gar nicht miteinander zu vergleich ist und die DEL (Deutsche Eishockey-Liga) sehr wohl den Münchnern den Meistertitel angeboten hat. Diese haben aber abgelehnt. 

Wir fragten bei der gebürtigen Großwallstädterin Isabell Roch, die seit dieser Saison das Tor des BVB hütet, nach.

Isabell, in der Bundesliga der Männer wurde der THW Kiel aufgrund der Corona-Virus-Krise zum diesjährigen Meister erklärt. Die Bundesliga der Frauen beendet die Saison 2019/20 ohne Meister. Wie ist das zu erklären?

„Das ist eigentlich gar nicht zu erklären. Wir können diese Entscheidung nicht nachvollziehen. Das ist ganz bitter für uns. Es ist eine Sportart und es gibt zwei Entscheidungen. Das ist wirklich bitter.“

Es wäre heuer der erste Meistertitel in der Vereinsgeschichte der Frauen gewesen. Fühlst Du Dich  um den Titel betrogen?

„Wir hätten natürlich gerne den Titel gehabt, als Bestätigung für die tolle Saisonleistung. Wir fühlen uns nicht gut mit der Entscheidung… 

Wir als Mannschaft haben uns eine witzige Aktion ausgedacht und uns auf unseren Autogrammkarten Schnurbärte angemalt mit der Aufschrift: wenn ich ein Mann wäre, wäre ich jetzt deutscher Meister. Wir wollen mit der Aktion klarmachen, dass wir niemanden angreifen oder die Schuld geben wollen. Sondern wir wollen darüber lachen…

Der BVB-Präsident Reinhard Rauball war stinksauer und meinte, dass es bei den Männern einen Meister gibt und bei den Frauen die Saison abgebrochen wird, habe schon die Anzeichen einer Diskriminierung. Siehst Du das auch so?

„Ich sehe das auch so. Vor allem mit dem Hintergrund, dass es die gleiche Sportart ist. Ich finde, wenn man in Deutschland schon so eine Entscheidung fällt, dann sollte man Männer und Frauen gleich behandeln. Hier wird die Saison abgebrochen und da wird die Saison abgebrochen, aber völlig anders gewertet. Das ist echt bitter und völlig unverständlich. Warum werden hier in unserer Sportart bei Männern und Frauen solche Unterschiede gemacht?“

Bei den Männern stand ebenfalls noch das Spitzenspiel zwischen dem Ersten Kiel und dem Zweiten Flensburg aus. So wie bei den Frauen die Spitzenbegegnung zwischen dem BVB und Bietigheim…

“Genau. Wir hatten in der Hinrunde zuhause gegen Bietigheim mit 38:32 gewonnen, haben schon das Hin- und Rückspiel gegen den Dritten Metzingen absolviert und auch schon gegen die starke Mannschaft Thüringer HC in der Rückrunde gespielt. Diese Spiele sind enorm wichtig und Bietigheim hatte die beiden Partien noch vor sich. Warum ist dann nur unser Spiel das Topspiel? Gab es bei den Männern keine wichtigen Spiele mehr?”

Einen Grund zur Freude gibt es ja doch noch: der Champions-League-Platz ist dem BVB in der Saison 2020/21 sicher.

“Natürlich freuen wir uns über den Champions-League-Platz. Aber den Meistertitel hätten wir sehr gerne gehabt. Dafür haben wir die ganze Saison hart hingearbeitet.”

Eine absolut verständliche Reaktion von der klasse Torhüterin. Mittlerweile hat sich heraus kristallisiert, dass Borussia Dortmund auf eine Klage gegen die HBF verzichtet und BVB-Präsident Reinhard Rauball sagte, dass es keinen Prozess gibt, das dies aber dem Frauen-Handball schade.

 

Der Artikel ist auch in meiner Heimatzeitung Main Echo zu lesen. Wir freuen uns, dass Isabell und alle Mädels des BVB gesund und munter sind und wünschen ihnen – sollte irgendwann die neue Saison beginnen – eine tolle Runde mit ebenso überzeugenden Leistungen wie zuletzt.

Das Bild hat uns Isabell zur Verfügung gestellt. Eine wirklich witzige Idee. Vielen Dank hierfür.

Bleibt gesund, haltet Abstand, haltet durch!