Rudern: Deutscher Vizemeister statt Karriere-Ende
Liebe Leserinnen, liebe Leser.
Der Gegensatz könnte größer kaum sein. Wegen vermeintlich fehlender Perspektiven wollte Friedrich Amelingmeyer im vergangenen Sommer seine Ruderlaufbahn beenden, nicht mal ein Jahr später ist er deutscher Vizemeister im Zweier. Das Blatt hat sich gewendet für den 22-Jährigen. Jetzt peilt Amelingmeyer seinen ersten internationalen Start für Deutschland an.
Viele hatten Friedrich Amelingmeyer bei den deutschen Kleinboot-Meisterschaften in Brandenburg nicht auf dem Schirm. In seiner Junioren- und U23-Zeit flog er oft unter dem Radar, weil er direkt nach dem Abitur nach Boston ging, um BWL in den USA zu studieren. Im Sommer 2024 hat er seinen Bachelorabschluss gemacht und ist nach Deutschland zurückgekehrt. Nachdem in Boston der ruderische Teil des Studienaufenthalts frustrierend gelaufen war, wollte er es in seinem letzten U23-Jahr in Deutschland nochmal wissen. Nach kurzer Vorbereitung reichte es aber nicht mehr für eine WM-Nominierung.
Wechselspiel der Gefühle
„Da war es für mich dann endgültig vorbei – ich dachte, ich werde nie wieder im Boot sitzen“, erzählt Amelingmeyer. Stattdessen suchte er sich ein Praktikum in Amsterdam bei einem großen Automobilhersteller und wollte den beruflichen Weg einschlagen. Doch es kam anders. Zwei Wochen vor Beginn des Praktikums sorgte ein Formfehler für eine kurzfristige Absage. „Plötzlich war meine ganze Planung dahin“, so Amelingmeyer, der daraufhin doch nochmal im Ruderboot Platz nahm: „Ich habe mir gedacht: Versuchen kann ich es ja, auch wenn es komplett unrealistisch ist, dass ich es zum Stützpunkt in den A-Kader schaffe.“ Und wieder kam es anders.
Das Feuer wieder geweckt
Bei der Winter-Langstrecke in Dortmund, auf die sich Amelingmeyer bei seinem Heimatverein in Osnabrück vorbereitete, landete er im Einer auf Platz 50, was in Bezug auf die Riemen-Ruderer einen Mittelfeldplatz bedeutete. Amelingmeyer hatte gezeigt, dass er im A-Kader mithalten kann. Damit war das Feuer wieder geweckt. Die Kombination mit dem gleichaltrigen Paul Klapperich im Zweier zündete ebenfalls schnell, sodass sich Amelingmeyer plötzlich mittendrin in der Rudergruppe am Stützpunkt und somit im Kampf um die Plätze im Team Deutschland-Achter befand. Seit Januar wohnt er auch in Dortmund.
Dass das Duo bei den deutschen Kleinboot-Meisterschaften eher vorne als hinten mitfahren würde, deutete sich schon in der Vorbereitung an. „Wir haben gesehen, dass es gut läuft und haben uns dann immer kleine Ziele gesteckt. Wir haben jede Einheit effektiv genutzt. Das A-Finale war unser Ziel und so sind wir die Rennen dann auch gefahren“, verrät Amelingmeyer, der mit Klapperich am Ende Deutscher Vizemeister wurde und damit den bisher größten Erfolg seiner Karriere einfuhr: „Ich bin sehr zufrieden damit und stolz darauf, dass wir in Brandenburg auf hohem Niveau solide Rennen gefahren sind und Silber holen konnten.“
Große Umstellung
Auf dem Wasser lief es gut, auf dem Ergometer hingegen war noch Luft nach oben. „Das ist ein Knackpunkt, mit dem ich unzufrieden bin. Ich habe schon einige gute Schritte gemacht, aber das Training hier am Stützpunkt in Dortmund sieht ganz anders aus als in den USA, der Unterschied ist groß. Da muss sich der Körper drauf einstellen. Ich hoffe, dass sich dann ein verspäteter Effekt einstellt“, so Amelingmeyer. Insgesamt aber ist die Vorbereitung gut gelaufen, viel besser als er gedacht hätte: „Wenn mir das jemand vor einem Jahr gesagt hätte, dann hätte ich ihm nicht geglaubt. Ich dachte, ich bin durch mit dem Rudern. Jetzt bin ich sehr froh, dass ich die Leidenschaft wiederentdeckt habe.“
Eigentlich wollte Amelingmeyer Schritt für Schritt gehen, jetzt kommt es Schlag auf Schlag. Seine Gedanken hat er aber schon geordnet und sich einen klaren Plan gefasst: „Ich wollte im ersten Jahr im A-Kader mein Glück nicht vom Erfolg oder einer Nominierung abhängig machen und hatte meine Ziele eher in die nächste Saison gelegt. Wenn es jetzt aber so gut läuft und man sich das viele Training antut, ist das schon ein motivierender Faktor. Ich will dieses Jahr mein erstes internationales Rennen für Deutschland fahren und die Saison so gut wie möglich abschließen. Das langfristige Ziel sind die Olympischen Spiele.“
Das Bild hat uns Carsten Oberhagemann zur Verfügung gestellt. Danke dafür