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Handball – 3. Liga: Saisonfazit der Kirchzeller Trainer fiel positiv aus

Liebe Leserinnen, liebe Leser, liebe Alle.

Es ist jetzt schon ein paar Tage her, aber ich möchte Euch mein Interview mit den Trainern Andi Kunz und Alex Hauptmann vom Handball-Drittligisten TV Kirchzell nicht vorenthalten. Ich habe sie nach ihrem Saisonfazit gefragt und sie haben interessantes berichtet.

 

Handball-Drittligist TV Kirchzell machte es in der abgelaufenen Saison 2021/22 spannend. Erst reichte es in der regulären Runde nicht sofort zum Ligaerhalt, denn nur die Mannschaften auf den Plätzen eins bis sechs hatten nach Abschluss der Runde das Ticket für die dritte Liga in der Tasche. Also ging es in die Klassenverbleibsrunde. Und hier erwischten die Kirchzeller eine Hammergruppe und machten es bis zum letzten Spieltag spannend. Dazwischen, im vergangenen Dezember, lag die Trennung von Trainer Heiko Karrer. Für ihn sprangen Alex Hauptmann und Andi Kunz in die Bresche. Die beiden ließen die interessante Saison noch einmal Revue passieren, ehe es am 27. Juni mit der Vorbereitung auf die neue Runde weitergeht.       

Seit Rundenende sind jetzt ein paar Tage vergangen und es war ein bisschen Zeit zum Durchschnaufen. Es waren turbulente Wochen und zum Schluss hin mit viel Nervenkitzel für alle. Wie seht Ihr mit ein bisschen Abstand die letzte Saison?

Alex Hauptmann: „ Wenn ich so zurück denke, hatten wir einen sensationellen Start und mit nur einem Training ging es gleich gegen Bayreuth. Wir haben damals ein Riesenspiel gemacht, lagen zur Halbzeit mit drei hinten, haben dann mit drei gewonnen.

Wir waren mit der ganzen Runde top zufrieden. Wenn Andi und ich uns ausgetauscht und über die Spiele geredet haben, haben wir gesagt: wir haben kein Spiel verloren, das wir nicht hätten verlieren dürfen.

Nach der regulären Runde stand Kirchzell auf dem achten Platz und damit ging es in die Klassenverbleibsrunde…

Alex Hauptmann: „Genau und dort ging es gleich gegen Pforzheim, die gegen uns – wie später in keinem einzigen Spiel mehr – komplett antraten. Nach dem glücklichen Sieg mit einem Tor und dem deutlichen Sieg in Großsachsen kam mit Willstätt der vermeintliche Favorit unserer Gruppe. Dort fingen wir uns eine deftige Klatsche mit 13 Toren Unterschied ein. Von diesem Spiel erholten wir uns aber hervorragend und haben anschließend Plochingen regelrecht aus unserer Halle gefegt. Nach dem Auswärtssieg in Pforzheim konnten wir dann unseren ersten Matchball in Plochingen leider nicht nutzen und standen vor den letzten beiden Spielen mit dem Rücken zur Wand. Aber immer wenn es so aussah, als wären wir „gekillt“, ist eine tolle Reaktion von der Mannschaft gekommen. Es war rückblickend gesehen, eine riesige Leistung und eine ganz tolle Moral, die die Jungs dann in den beiden letzten Spielen gezeigt haben. Sie haben alles gegeben, um den Abstieg zu verhindern.“

Andi Kunz: „Wir sind im November als Trainer angetreten, wussten nicht, wie lange wir das Amt überhaupt ausüben. Irgendwann hat es sich dann abgezeichnet, dass wir die Runde komplett durchmachen werden. Lange haben wir probiert, um Platz sechs in der Vorrunde mitzuspielen und alles gegeben, damit wir nicht in die Abstiegsrunde müssen. Aber als wir dann in diese Runde rutschten, hat die Mannschaft weiter Moral bewiesen, gezeigt, dass sie in der dritten Liga bleiben will. Und am Ende war es mehr als verdient, dass wir in der Liga bleiben.“

War Eurer Meinung nach die Gruppe VII  wirklich die stärkste Gruppe von allen?

Andi Kunz: „Es ist immer die Konstellation zu betrachten. Es geht nicht nur drum, welche Mannschaft in welcher Gruppe spielt. Es geht auch drum, wer bringt welche Punkte mit. Es wäre vermessen zu sagen, dass wir gegen die anderen Teams in den anderen Gruppen gewonnen hätten. Aber wir hatten mit Willstätt ein Team, das mit 25 Punkten aus der Vorrunde kommt. Wären die bei uns in der Vorrunden-Gruppe gewesen, wären sie sicherlich nach Hanau und Erlangen Dritter gewesen – vom Potenzial her.

Hätte es – im Falle eines Abstiegs – einen Plan B gegeben?

Andi Kunz: „Nein, wenn du absteigst, spielst du Oberliga. Fertig.“

Wie hätte es in Sachen Spieler, Sponsoren usw. ausgeschaut?

Andi Kunz: „Ich denke, es hätte, ein zwei Spieler gegeben, mit denen wir hätten sprechen müssen, weil sie gerne Liga drei spielen würden. Aber ich denke, beim Thema Sponsoren wäre wahrscheinlich nichts passiert. Aber da sind wir der falsche Ansprechpartner. In einem Übergangsjahr hat das sicher keine größeren Auswirkungen. Wenn du natürlich über zwei, drei Jahre dahindümpelst, dann wird sich der eine oder andere Förderer wahrscheinlich überlegen, ob er weiter bereit ist, seine Unterstützung zu geben.“

Alex Hauptmann: „Wir haben aber schon ziemlich früh gesehen, dass Bieberau absteigt. Das hat sich recht schnell herauskristallisiert. Da war unsere Befürchtung, dass mit Bieberau und Gensungen/Felsberg, die ebenfalls abgestiegen sind, plötzlich – im Falle unseres Abstiegs – drei Mannschaften in der Oberliga sind, die dort nichts zu suchen haben. Dann gibt es ein Hauen und Stechen und es kann sein, dass du ein Jahr länger da unten drin bist. Das hätte nicht passieren dürfen. Gerade deshalb haben wir noch einmal eine Schippe draufgelegt, um nicht abzusteigen.“

Das zeigt ja aber auch, welch tolle Mannschaft Ihr habt. Wie viel Moral, wie viel Charakter steckt in der Mannschaft?

Andi Kunz: „Ich muss sagen, die Art und Weise, wie sie zum Schluss gespielt haben, hat mich nicht überrascht. Ich will jetzt nicht sagen, dass ich das erwartet habe. Aber im Laufe der Zeit kennt man ja den einen oder anderen Charakter eines Spielers gut. Wir sind vor drei Jahren, als es um den Aufstieg ging, durch eine Aufstiegs-Relegation gegangen, wo es auch nicht lief wie geschnitten Brot. Aber auch damals hat die Mannschaft Charakter bewiesen. Jetzt hatten wir zu Hause gegen Willstätt ein entscheidendes Spiel und das war sportlich eine Riesenherausforderung. Ich war  mir zwar sicher, dass wir voll da sind. Es ist ja nicht planbar, dass du genau dieses Spiel gewinnst. Aber dass die Jungs in dem Spiel diese Leistung abrufen, diesem Gegner – zusammen mit den Zuschauern – so den Schneid abkaufen, das war schon beeindruckend. Sie haben von Anfang an keinen Zweifel aufkommen lassen, dass für Willstätt an diesem Tag nichts geht.“

Alex Hauptmann: „Man muss aber auch sagen, dass die Zuschauer einen großen Anteil hatten. Ich persönlich habe in meinem Inneren die Zuschauer nach den ersten drei Auswärtsspielen kritisiert und gedacht, dass bei uns die Leute noch nicht registriert haben, dass wir in der Abstiegsrunde sind. Ab dem Plochingen Spiel wusste dann aber auch der Letzte um was es ging. Vor allem in den letzten zwei Heimspielen waren die Zuschauer überragend und haben uns nach vorne gepeitscht.“

Wie sehr hat Corona die Mannschaft belastet?

Alex Hauptmann: „Durch Corona sind wir eigentlich gut durchgekommen. Wir hatten andere Probleme. Von zehn Rundenspielen hat Tom Spieß sechsmal aufgrund Verletzung nicht mitgespielt. Dann sind in den wichtigen Spielen gegen Erlangen und Hanau je zwei Spieler ausgefallen. Das hat uns getroffen.“

Andi Kunz: „Wir hatten mit Corona immer ein bisschen Glück, dass die Fälle meistens aufgetreten sind, wo ein Wochenende frei war und dann kamen entsprechende Lockerungen vom Regelwerk hinzu. Also so richtig groß niedergestreckt, hat uns Corona nicht. In der Klassenverbleibsrunde habe ich gar nichts mehr von Ausfällen gehört.“

Im Dezember trennte sich der Verein in beiderseitigem Einvernehmen von Heiko Karrer. War von Anfang an klar, dass Ihr beide auf der Bank Platz nehmen, war das Engagement erst einmal nur zum Übergang?

Andi Kunz: „Wir haben erst einmal gesagt, dass wir auf jeden Fall helfen. Dann haben wir an Weihnachten unser okay bis Rundenende gegeben. Am Anfang musste jeder von uns erst einmal sehen, ob wir das alles neben unseren Jobs gebacken bekommen.“

Ihr seid beide in Euren Jobs sehr involviert und das Traineramt ist doch aufwendig…

Alex Hauptmann: „Aber es macht auch Spaß. Wir haben ziemlich viel Glück miteinander. Wir haben uns vom ersten Tag an super verstanden. Beide haben wir  gerade am Anfang viel Video geschaut, haben anschließend unsere Notizen verglichen und da hat bei jedem das Gleiche gestanden. So muss es sein. Und – das ganz entscheidende ist – wir müssen niemanden irgendetwas beweisen, uns auch untereinander nichts. Andi ist mit Kirchzell aufgestiegen, ich war neun Jahre in Nieder-Roden, bin zweimal aufgestiegen.

Wie habt Ihr die Aufgaben aufgeteilt?

Alex Hauptmann: „Bis Dezember waren wir bei jedem Training  zu zweit. Aber unsere Vorstellung sah schon anders aus.“

Was heißt?

Alex Hauptmann: „Wenn ich montags Training halte, ist Andi dienstags dran und so weiter. Vielleicht bekommen wir es nächstes Jahr hin, dass wir uns die Aufgaben aufteilen können. Ich war schon fast mit einem anderen Drittligisten einig, dass ich dort das Traineramt übernehmen werde. Aber im Endeffekt bin ich dankbar, dass es so gekommen ist, wie es jetzt ist. Der Zeitaufwand ist zu groß, um alleinverantwortlich ein Traineramt zu füllen. Zu zweit ist es entspannter.“

Andi Kunz: „Wir beide haben schon eine Idee, wie es irgendwann einmal laufen soll. In den vergangenen Monaten haben wir mehr investiert, denn nachdem wir die Mannschaft übernommen haben, haben wir geschaut, was behalten wir bei, was ändern wir… Deshalb mussten wir so oft es geht, zu zweit präsent sein. Dann gehst du in die Klassenverbleibsrunde und dann guckst du ein Video mehr an als sonst, hast eine Besprechung mehr als sonst – und, wir wollten den Spielern auch etwas vorleben. Immerhin war es eine Phase, in der jeder Mann gebraucht wurde. Aber für die Zukunft müssen wir ein System finden, wie wir uns am besten aufteilen. Die Belastung zum Schluss war für mich ein bisschen grenzwertig, da ich im Medizinischen Trainings Zentrum in Großwallstadt schon stark gefordert bin.“

Gab es mal einen Moment, in dem Ihr überlegt habt, warum Ihr Euch diesen Stress überhaupt antut?

Alex Hauptmann: „Nein, denn es hat trotz den Stresssituationen so viel Spaß gemacht und die Jungs haben uns das zurück gegeben, was wir investiert haben und auch die Zuschauer haben uns in den letzten Spielen viel zurück gegeben. Ich wünsche mir, dass wir mit den Zuschauern so weitergehen, dass die Halle nicht nur voll, sondern rappenvoll ist. Das gibt das Umfeld Miltenberg her. Wobei ich nicht sagen will, dass Miltenberg besser ist als Amorbach. Wir haben in Miltenberg die doppelte Einwohnerzahl und ein komplett neues Umfeld. Es ist nicht die Halle, es ist das Umfeld. Da können wir in Miltenberg vielleicht noch etwas bewegen, was wir in Amorbach aufgrund der vielen Jahre, die wir dort gespielt haben, nicht mehr konnten.“

 Andi Kunz: „Die Änderung von Amorbach nach Miltenberg ist eben nunmal da und nun muss man schauen, wo liegen in dieser Änderung Chancen. Ich glaube, wenn wir in der Pokalrunde gespielt hätten, wären weniger in die Halle gekommen. Aber jetzt, wo es um alles ging und die Mannschaft abgeliefert hat, waren die Zuschauer begeistert. Das ist eine gute Basis, aus der wir was machen können.“

Wie hat sich die Mannschaft in den letzten Monaten weiter entwickelt? Gibt es einen Spieler, der für Euch den größten Schritt nach vorne gemacht hat?

Andi Kunz: „Ich denke, der entscheidende Punkt ist, dass die Mannschaft den Schritt nach vorne gemacht hat. Was für mich schön zu sehen war: wir haben daheim gegen Pforzheim einen 13-Tore-Tim gehabt. Dass Tim Häufglöckner mit seiner Spielweise, mit Studium, mit Arbeit an Grenzen kommt ist klar. Aber er war in dem Moment da, wo die Mannschaft ihn am meisten gebraucht hat. Dann kam Tom Spieß aus langen Wochen der Verletzung ohne Spielpraxis zurück und ist sofort in diese Leaderrolle reingewachsen. Joshua Osifo hat einige Schwankungen, aber gerade im Spiel gegen Willstätt, wo wir ihn gebraucht haben, war er da.

“Es war immer einer von den Leistungsträgern da, der die Mannschaft mitgerissen hat”

Es war immer wieder von den Leistungsträgern, wenn ich es mal so nennen darf, einer da, der die Mannschaft richtig mitgerissen hat. Wenn einer mal einen schlechten Tag hatte, ging ein anderer vorneweg. Jeder auf seine eigene Art. Leon David zum Beispiel nimmt das Publikum mit seiner Art Handball zu spielen, gut mit, profitiert aber auch von Jan Blank. Wenn er mal durchschnaufen muss, haben wir mit Jan einen, der das Thema weiterspielt. Die Last wird auf mehrere Schulter verteilt und das müssen wir beibehalten.“

Alex Hauptmann: „Was ich sehe, ist, dass wir das Team im taktischen Bereich unglaublich weiter gebracht haben. Die Mannschaft war fit. Keine Frage. Aber in der Taktik haben wir einen großen Schritt gemacht.“

Nach dem letzten Spiel gab es drei Verabschiedungen. Niklas Depp, Maximilian Gläser und Markus Podsendek werden den Verein verlassen. Niklas wird aufgrund seiner Verletzungen nicht mehr spielen, Markus und Maximilian müssen beruflich kürzer treten. Wie schwer wiegen die Abgänge?

Andi Kunz: „Die große Stärke von Max neben der Abwehr und dem technischen Vermögen ist sein Kopf. Er versteht das Spiel und er wird uns fehlen. Doch wir haben Jungs,  die eine gute Abwehr spielen und so wie es ausschaut, wird es keinen neuen Spieler geben.“

Alex Hauptmann: „Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir derzeit keinen neuen Spieler brauchen oder suchen. Aber wenn einer eine Mannschaft sucht und derjenige würde in die Mannschaft passen, dann sagen wir nicht nein. Wir haben vier Leute, die auf der Position von Max decken können. Tom Spieß und Joshua Osifo im Mittelblock, Oleg Soloviov und für den offensiveren Part Michael Meyer-Ricks. Aber ganz klar. Max Gläser in der Abwehr ist nicht eins zu eins zu ersetzen.

Mit Joshua Löffelmann kommt unser Torhüter aus Obernburg zurück. Dort hat er einen guten Part gespielt. Damit haben wir wieder ein Trio beisammen.“

Gibt es für Euch beide einen Spieler, den Ihr herausheben möchtet?

Andi Kunz: „Als Spieler der Saison haben wir intern unseren Torhüter Tobias Jörg gekürt. Er hat sich toll entwickelt. Tobi wurde zuletzt immer wieder ausgebremst. Er war vor einigen Jahren aufgrund einer langwierigen Verletzung fast ein Jahr raus. Dann kam Corona und von daher konnte er erst seit Anfang dieser Saison wieder kontinuierlich trainieren. Er nimmt das Training an, das wir ihm bieten, beschäftigt sich damit und es freut mich sehr, dass er der Mannschaft so konstant helfen kann.“

 

 

Das Interview war auch in meiner Heimatzeitung Main Echo zu lesen.