Liebe Leserinnen, liebe Leser.
Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft reist am kommenden Montag nach Zvolen in die Slowakei. Bundestrainer Harold Kreis hat dazu einen 24-köpfigen Kader nominiert, mit dem er die beiden Länderspiele am 07. und 08. Februar gegen die Slowakei bestreiten wird. „Wir wollen die Spieler auf internationalem Level sehen und an das Niveau heranführen. Vor allem, weil es für einige die erste Maßnahme bei der Männer-Nationalmannschaft ist,“ sagt Harold Kreis zum Perspektiv-Team.
Bevor es soweit ist, hat uns der Bundestrainer, der seit März 2023 im Amt ist, ein paar Fragen beantwortet:
Harry, Du hast im März 2023 offiziell Dein Amt als Bundestrainer angetreten. Wie groß ist der Unterschied zwischen einem Vereinstrainer und einem Bundestrainer?
„Generell ist mir die Arbeit beim Verband nicht fremd, da ich ja schon bei den ehemaligen Bundestrainern Uwe Krupp und Jakob Kölliker als Co-Trainer fungiert habe. Trotzdem hatte ich nicht so eine richtige Vorstellung, wie ich als Bundestrainer zu agieren habe. Mittlerweile weiß ich, dass ich viel delegieren muss. Das kannte ich in der Art noch nicht.“
Warum?
„Naja, als Clubtrainer bist du tagtäglich mit deinen Jungs zusammen, bist tagtäglich gefordert und musst dich täglich um deine Mannschaft kümmern. Bei den vielen Spielen, die die Jungs während der Saison zu absolvieren haben, stehst du und dein Team natürlich auch ständig unter Druck.“
Das heißt, als Bundestrainer ist es schon ein anderes Arbeiten…
„Ich hab außerhalb der großen Turniere mehr eine beobachtende Rolle, kann mir viele Spiele in der DEL anschauen und die Spieler beobachten. Diese Zeit hast du als Clubtrainer nicht. Allerdings ist der Druck vor Turnieren, wenn die Nominierungen losgehen, die Einladungen ausgesprochen werden und die Testspiele und Trainings starten, schon groß. Bei meiner Amtsübernahme gab es zum Beispiel viele Telefonate mit Spielern aus dem erweiterten Kader. Ich habe den Vorteil, dass ich schon länger dabei bin und sehr viele Spieler kenne. Auch kenne ich in der DEL alle Sportchefs und mir ist ein gutes Verhältnis mit ihnen sehr wichtig. Ich möchte eine vertrauensvolle und professionelle Zusammenarbeit.“
Du bist also auch als Bundestrainer viel unterwegs, schaust Dir Spiele in der DEL an. Wie schaut es aus mit den Spielern, die im Ausland unter Vertrag stehen?
„Das ist unterschiedlich. Es gibt sicher Zeiten während der laufenden Saison, in der ich die Spieler kontaktiere. Aber ich kontaktiere die Spieler nicht nur, wenn sie für eine Maßnahme nominiert werden, sondern auch, wenn sie nicht nominiert wurden. Ich möchte ihnen das „warum“ persönlich erklären, das ist mir sehr wichtig. Allerdings ist mit Spielern im Ausland der Austausch oft aufgrund der Zeitverschiebung und des engen Spielplanes nicht ganz so einfach.
Die Spieler sind während der Saison sehr fokussiert und ich halte mich daher mit Anrufen zurück, schreibe lieber mal eine Message. Christian Künast, unser Sportdirektor, und ich, haben Mitte März eine Auslandsreise geplant und werden uns die Spieler vor Ort anschauen und mit ihnen den Austausch suchen. Generell spüre ich aber bei jedem Kontakt bei allen die Begeisterung für das Nationalteam. Das ist ein gutes Gefühl für mich und ich denke, das liegt nicht nur am Erfolg, sondern auch, wie wir uns um die Spieler kümmern.“
⏩️⏩️⏩️ “ICH HABE NOCH IMMER GROSSEN RESPEKT UND DEMUT FÜR DAS, WAS PASSIERT IST!” ⏪️⏪️⏪️
Du hattest mit Deinem Team einen unglaublich guten Einstand, warst im Finale bei der Weltmeisterschaft 2023. Das war die erste WM Medaille seit 70 Jahren! Wie stolz machte Dich dieser Erfolg?
„Ich habe noch immer großen Respekt und Demut für das, was passiert ist. Der gesamte Staff – angefangen über die Geschäftsstelle, dem Staff vor Ort, über denTeamchef, Physios, Betreuer, Co-Trainer usw – sie alle haben einen Riesenbeitrag zu diesem Erfolg geleistet. Unser Team konnte sich ganz auf die Spiele konzentrieren und das war sehr wichtig. Nach den ersten drei verloren gegangenen Spielen war klar, dass wir gegen Dänemark gewinnen mussten. Der Druck war da. Dann ist es gelaufen, wir standen im Finale der WM, schafften dadurch die direkte Olympia-Quali. Es ist unglaublich, was das Team erreicht hat.“
Dann habt Ihr gleich noch einen drauf gesetzt und im November den Deutschland Cup in Landshut gewonnen.
„Ja, da hat sich die Euphorie der WM tatsächlich fortgesetzt. Es war das erste Mal, dass es ein Frauen- und Männer-Turnier gleichzeitig an einem Ort gab. Viele Fans waren da, haben uns unterstützt und die Freude und Begeisterung ist wirklich auf jeden im Team übergeschwappt. Landshut hat sich als Ausrichter viel Mühe gegeben und es war alles toll organisiert.“
Beim Deutschland Cup hattest Du viele junge und neue Gesichter dabei. Warum?
„Wir haben Rücksicht auf die Spieler genommen, die im Liga-Alltag standen und deshalb viele Junge mitgenommen. Das hat gut funktioniert.“
Aufgrund des tollen Abschneidens bei der Weltmeisterschaft wurdet Ihr auf viele Events eingeladen und habt viele Ehrungen erhalten. War das auch für Dich Neuland?
„Das war wirklich eine ganz andere Bühne. Nicht regional, sondern national. Das war in der Tat Neuland für uns. Wir waren mit Mannschaften aus verschiedenen Sportarten unterwegs, haben den Bild Award gewonnen und die Goldene Henne. Das zeigte uns, dass die Fans von unserem Team begeistert sind.“
⏩️⏩️⏩️ “WIR BEFINDEN UNS HIER IM PROFISPORT” ⏪️⏪️⏪️
Die nächste Weltmeisterschaft steht vor der Tür. Diesmal geht es vom 10. bis 26. Mai nach Tschechien. Wie groß ist der Druck nach dem tollen Abschneiden vom vergangenen Jahr?
„Wir befinden uns hier im Profisport und da wirst du am Ergebnis gemessen. Natürlich sind die Erwartungen da und die Erwartungshaltung ist gewachsen. Aber wir sind professionell genug, dass wir wissen, dass alles passieren kann. Wir werden wie immer unser Bestes geben – und dann schauen wir, was passiert.“
In ein paar Tagen fährst Du mit einem Perspektiv-Team, das heißt, die Spieler sind unter 25 Jahre, in die Slowakei zu zwei Länderspielen. Was erwartest Du Dir von dieser Maßnahme?
„Wir wollen die Spieler auf internationalem Level sehen und an das Niveau heranführen. Vor allem, weil es für einige die erste Maßnahme bei der Männer-Nationalmannschaft ist. In der Kürze der Zeit mit nur einer On-Ice-Einheit bin ich gespannt, wie wir unser Spielsystem und die Taktik in den beiden Partien umsetzen und uns gegen die Slowakei präsentieren werden.
Gleichzeitig bietet die komprimierte Zeit auch eine Feedback-Gelegenheit für uns als Coaching-Staff, wie unsere Inhalte aufgenommen und auf das Eis transportiert werden.“
Letzte Frage: Du warst zum Eröffnungsspiel der Handball Europameisterschaft, die vor ein paar Tagen zu Ende ging, in Düsseldorf von HBL-Boss Frank Bohmann eingeladen. Wie war das für Dich, ein Handballspiel vor so vielen Zuschauern zu sehen?
„Das war schon sehr beeindruckend. Das muss ich sagen. Ich gehe nicht unbedingt in meiner Freizeit zu so großen Veranstaltungen, außer zu Konzerten. Ich war beeindruckt von der Dynamik, die hinter diesem Sport steckt und von den vielen verschiedenen Spielertypen.“
Herzlichen Dank, lieber Harry, für die Zeit, die Du Dir genommen hast und viel Erfolg bei der Maßnahme in der Slowakei und der darauffolgenden Weltmeisterschaft!
Das Bild vom Bundestrainer zeigt ihn bei der Amtseinführung und der DEB hat uns dies zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür!